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Natrium

Übersicht
Funktion am Herzen
Pathophysiologie und Pharmakologie


Übersicht

Natriumionen, im Folgenden kurz Natrium genannt, sind die Hauptionen des Extrazellulärraums. Ihre Konzentration im Blutplasma liegt physiologischerweise bei etwa 140 mmol/L.

Sie kann durch eine Vielzahl äußerer Einflüsse verändert werden: starkes Schwitzen, Dursten, Durchfall oder Erbrechen.

Solche (extremen) Zustände des Wasser- und Elektrolythaushaltes haben zwar ebenfalls Auswirkungen auf das Herz, allerdings manifestieren sie sich viel eher vor allem am Zentralnervensystem. Schwere Hyper- und Hyponatriämien sind lebensgefährliche Notfälle die intensivmedizinischer Beobachtung bedürfen, während milde Hyper- und Hyponatriämien, sofern keine andauernde Grunderkrankung sie aufrechterhält, in der Regel reversibel und mitunter auch symptomlos verlaufen.

Im Falle schwerer Elektrolytentgleisungen sind die direkten Auswirkungen auf das Herz funktionell nachrangig, die zentralnervösen Störungen und ihre Auswirkungen auf die Gesamtfunktion des Organismus stehen pathophysiologisch im Vordergrund. Gehäuft treten schwere Bewusstseinstrübungen auf, noch bevor überhaupt eine Veränderung der Herzfunktion zu beobachten ist.


Funktion am Herzen

Natriumströme sind funktionell hauptverantwortlich für die Entstehung des Aktionspotentials im Arbeitsmyokard.

Arbeitsmyokard, Erregungsbildungs- und -leitungssystem

Im Arbeitsmyokard sind Natriumströme, allen voran iNa, für den schnellen Aufstrich in der initialen Phase des Aktionspotentials verantwortlich. Sie bieten daher einen pharmakologischen Angriffspunkt in der Behandlung arrhythmischer Zustände.
Natriumionen sind zudem für die Entstehung der langsamen diastolischen Depolarisation (Schrittmacherpotential) erforderlich. Sie fließen durch einen unselektiven Kationenkanal, der in vivo Na- und K-Ionen passieren lässt. Der Kanal wird als HCN-Kanal bezeichnet, der entstehende Strom als if.


Herzzyklus, EKG

Der schnelle Natriumstrom iNa ist für den Aufstrich des Aktionspotentials von Bedeutung. Die für den Einstrom verantwortlichen Natriumkanäle öffnen und inaktivieren mit sehr hoher Geschwindigkeit, etwa um 1 ms.
In Zellen des Arbeitsmyokards gilt die Alles-Oder-Nichts-Regel: sofern die Erregung von außen stark genug ist um ausreichend viele Natriumionenkanäle zu öffnen, erfolgt ein starker Einstrom und der Aufstrich findet statt. Reicht die Erregung nicht aus oder sind zu viele Natriumionenkanäle nicht aktivierbar oder anderweitig blockiert, findet kein Einstrom statt und es kommt nicht zur Ausbildung eines Aktionspotentials. In diesem Falle würde das Arbeitsmyokard nicht kontrahieren und das Herz stillstehen.
Eine dafür verantwortliche Natriumentgleisung müsste beachtlich sein, wobei es hier bereits vorher zur Bewusstlosigkeit auf Grund von Schäden an Neuronen käme, die bereits für geringe Störungen des Natriumhaushaltes äußerst anfällig sind.

Das bedeutet: Leichte Störungen des Natriumhaushaltes zeigen im EKG keine Veränderungen, schwere Störungen allenfalls nur mittelbare, da zunächst das Zentralnervensystem geschädigt wird. Letzteres wiederum gefährdet nicht die Autorhythmie des Herzens.

Störungen des Natriumspiegels besitzen kein typisches EKG-Bild.


Pathophysiologie und Pharmakologie

Natriumkanäle können pharmakologisch beeinflusst werden. In der Klassifikation der Antiarrhythmika nach M. Vaughan Williams finden sich Natriumkanalblocker in Klasse I. Diese werden in Unterklassen, IA, IB und IC, eingeteilt.

Für die Klasse IA gilt Chinidin als Leitsubstanz. Chinidin und dessen Derivate hemmen allerdings auch Kaliumionenkanäle (je nach Wirkstoff unterschiedlich), sodass ihre Wirkung nicht ausschließlich auf den Natriumstrom beschränkt ist. Im Ergebnis kommt es neben der Aufstrichverringerung zur Verlängerung der QT-Dauer.
Die Klasse IB enthält Lidocain-artige Verbindungen. Auf Grund der sehr kurzen Bindungszeit von Lidocain kommt es bei (starken) ventrikulären Tachykardien zum Einsatz. Es hat einen Frequenzfiltereffekt: je höher die Herzfrequenz, desto wirksamer ist es. Dies ist damit zu begründen, dass die Wirksamkeit vor allem bei positiverem Membranpotential auf Grund der Bindungsdauer höher ist.
Dem ganz entgegengesetzt steht die Klasse IC. Sie enthält sehr lang bindende Wirkstoffe (z.B. Propafenon), wodurch die Wirkung in Ruhe am höchsten ist. Die Aktionspotentialdauer wird dadurch kaum beeinflusst, aber die QRS-Breite. Der Grund: Kaliumströme werden nicht beeinflusst.

Der eingangs erwähnte HCN-Kanal kann spezifisch durch Ivabradin blockiert werden. Durch diese Wirkung am Sinusknoten wird die Herzfrequenz gesenkt und der Sauerstoffbedarf verringert, was bei bestimmten Patientengruppen mit Herzinsuffizienz und koronarer Herzkrankheit, die eine erhöhte Ruhe-Herzfrequenz haben, Vorteile zeigt.
Als reines Antiarrhythmikum, bei Patienten ohne Herzinsuffizienz oder KHK, ist es in Deutschland nicht zugelassen.

Weitere Informationen zu Antiarrhythmika der Klasse I finden sich hier: https://www.rhythmologie.info/antiarrhythmika.shtml.

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